Aus dem Tagebuch:
„Es ist kalt, sehr kalt hier!“, sagt Frederik fröstelnd, setzt das Hilfspaket mit Grundnahrungsmitteln und Hygieneartikeln auf dem Boden ab und gräbt seine Hände tief in die Taschen seines roten Anoraks. „Wieso heizen Sie nicht? Haben Sie kein Holz mehr?“, frage ich den alten Mann, der in seiner zerschlissenen Hose, eingemummt in einen alten, abgetragenen Mantel, vor mir steht. Gebückt ist seine Haltung, das Alter lastet bereits schwer auf seinen Schultern, Kälte und Hunger haben ihre Furchen im Gesicht des Mannes hinterlassen. Gemeinsam mit seiner Frau lebt er in einer kargen Holzhütte in Bosanci. Das kleine Zimmer, das den beiden als Schlaf-, Ess- und einziger Lebensraum dient, sollte eigentlich durch einen Holzofen gewärmt werden, doch als ich die Wände des Ofens berühre spüre ich nur die Kälte des Mauerwerks auf meinen Fingerkuppen.
Zögerlich schüttelt der Mann den Kopf. George, unser rumänischer Freund und Übersetzer, fragt nach und erfährt, dass die Familie kein Geld mehr für Holz hat und stattdessen versucht, mit mehreren Kleidungsschichten der Kälte Widerstand zu leisten. Es ist Anfang Dezember und der Winter hat erst begonnen.“Planänderung, Erik! Lass uns Holz besorgen gehen!“, ruft es aus Fredi heraus. „Gute Idee“, erwidere ich und auch George nickt zustimmend. Und so fahren wir los und suchen den nächstgelegenen Holzhändler auf, um mit diesem eine Holzlieferung für die arme Familie zu vereinbaren, damit sie unter heimeligeren Bedingungen durch den Winter kommt.
Not kennt keinen Plan, denke ich in diesem Moment.
Gerade deshalb sollten wir mit offenen Augen auch dort
Bedürftigkeit wahrnehmen, wo sie außerhalb unserer ursprünglichen Pläne und Vorhaben liegt. Daher versucht der Verein „Grenzen überschreiten“ seine Spendenmittel so effektiv wie möglich dort einzusetzen, wo die Not am größten ist und der rumänische Staat bzw. die EU nur unzulängliche Unterstützung leistet.
Es freut uns sehr, dass wir dieses Jahr neben den 376 gesammelten, persönlichen Weihnachtspaketen (mit warmen Hauben, Schals, Socken, Handschuhen, Pullovern, Schul- und Schreibartikeln, Spielzeug und
Süßigkeiten), die wir an bedürftige Kinder und Jugendliche aus armen Familien bzw. aus dem Waisenheim in Falticieni verteilt haben, und den kommissionierten Hilfspaketen für 20 notleidende Familien aus der Region um Suceava, auch vier neue Schüler- und StudentInnen mit einem monatlichen Stipendium unterstützen können. Denn ihre Familien wären außerstande, zur Finanzierung der Ausbildung beizutragen. Zusätzlich richteten wir einen Schulbuch-Fonds und einen Finanzierungs-Fonds für medizinische und zahnärztliche Kosten für Waisenkinder aus Falticieni ein. Insgesamt konnten bei der diesjährigen Weihnachtsreise somit Spendengelder in Höhe von 17.500 Euro verwendet werden.
Nachdem Fredi und ich dem alten Mann von der baldigen Holzlieferung berichtet hatten und wir zu unserem Sammelpunkt zurückkehrten, sagte Christoph zu mir: „In Rumänien kannst du ruhig Pläne machen, aber spätestens bei der Ausführung, musst du sie wieder abändern. Doch das macht nichts, denn irgendwie geht sich am Ende immer alles aus und alles wird gut. Das ist eben Rumänien!“
Und auch dieses Jahr wurde am Ende alles gut…
Der Verein „Grenzen überschreiten“ möchte daher allen Mitgliedern und Spendern seinen herzlichen Dank aussprechen:
Vielen Dank für Eure Unterstützung! Frohe Weihnachten und Craciun fericit!